Verschwende keine Gedanken an früher oder später.
Sei frei -
in der Mitte  dieses  Augenblicks!

 

~ Kōdō Sawaki Rōshi ~

(Jap. Zen-Meister)

 

 

 

  

Andacht 

  

 

Temporäre Erscheinungen wie Empathie, Liebe, Glück... haben wir nicht in der Hand. Sie erscheinen ohne unser Zutun, en passant. Nichts dergleichen können wir auf Kommando tun.

 

Aber was "die menschliche Fähigkeit zur Achtsamkeit" angeht..., die liegt im Bereich unserer Möglichkeiten. Wir können z.B. unsere Hände beobachten - bei all ihrem Tun.  Egal, wo wir gerade sind und was wir gerade tun: Immer können wir achtsam sein. Achtsamkeit ist der Same auch für andere schöne Dinge. Achtsamkeit veredelt unser Tun.

 

Achtsamkeit wandelt 

Kloputzen in Andacht.

 

Alles, was wir aufmerksam/andächtig/achtsam tun, wird zur Andacht. Und jeder Raum, in dem wir etwas andächtig tun, verwandelt sich. Eine Kirche ist nicht bloß ein Gebäude.

 

Die Kirche ist ein Raum,

in dem Andacht geschieht.  

 

 

Dieser Augenblick,

diese Liebe,

sie finden Platz in mir.

 

Die vielen Dinge,

sie vereinigen sich zu Einem.

 

In einem einzigen Weizenkorn

- tausend Bündel Ähren.

 

Ein Nadelöhr umfasst

die Fülle einer Sternennacht.

 

 

~ Jelaluddin Rumi ~

 

 

 

  

Achtsamkeit 

 z

 

"Tue das Kleinste, das Größte mit Ernst, mit Liebe und Würde! " 

 

~ Johann Kasper Lavater

 

Das klingt ja ganz nett, lieber Johann, ist aber unpraktisch: Versuch doch mal, deinen Abwasch:

  • mit Ernst,
  • mit Liebe
  • und Würde

durchzuziehen. Ist ein bißchen schwierig. 😊

 

Aber jedem Moment deines Tuns (beispielsweise dem Abwasch) deine volle Aufmerksamkeit zu schenken... klappt vielleicht nicht immer, liegt aber durchaus im Bereich des Möglichen.

 

Und... gibt es denn in Wirklichkeit so etwas wie „das Kleinste“ oder „das Größte“?

 

Alles ist gleich gültig.

 

Es ist die Achtsamkeit; sie verleiht unserem Tun Würde. Um die Würde selbst... brauchen wir uns gar nicht zu kümmern; sie folgt der Achtsamkeit als Begleiterscheinung.

 

Und den Ernst... den braucht´s doch gar nicht.

Da ist mir die unterschwellig schwingende Heiterkeit dann doch um einiges lieber. Sie steht übrigens in naher Verwandtschaft zur Liebe.

 

 

 

 

Beten

 

 

 

Was macht den Unterschied zwischen einem

Gebet in der Kirche und einem Gebet im Casino?

Wer im Casino betet, meint es ernst!

 

 

 

 

 

Das richtige Gebet

 

 

Eine Geschichte, die ursprünglich von Leo Tolstoi stammt:

 

Der Patriarch der russisch-orthodoxen Kirche – diese Geschichte spielt vor der Revolution – begann sich große Sorgen zu machen, als viele Mitglieder seiner Gemeinde anfingen, zu einem See zu pilgern, wo drei Einsiedler lebten. Sie lebten auf einer kleinen Insel im See, und sie saßen unter einem Baum, zusammen mit Tausenden von Menschen, die sie für Heilige hielten.

Der russische Patriarch war also sehr zornig: »Wer sind diese Heiligen? Wir haben hier seit Jahren schon niemanden mehr heilig gesprochen. Woher sind diese sogenannten Heiligen plötzlich gekommen?« Doch die Menschen strömten zu ihnen hin, und die Kirche wurde täglich leerer.

Schließlich beschloss der Patriarch, ebenfalls hinzugehen, um sich diese Leute einmal anzusehen. Er nahm ein Boot und setzte zu dieser Insel über.

Diese drei Männer..., sie waren ungebildete, einfache Leute, vollkommen unschuldige Menschen. Und der Patriarch war ein mächtiger Mann; nach dem Zaren war er der mächtigste Mann Russlands. Er war sehr zornig auf diese drei Männer und fragte sie: »Wer hat euch zu Heiligen gemacht?«

Sie schauten sich gegenseitig an und sagten: »Niemand. Und wir glauben auch nicht, dass wir Heilige sind. Wir sind arme Leute.«

»Aber warum kommen dann so viele Menschen zu euch?«

Sie antworteten: »Die Frage müsst Ihr ihnen selber stellen.«

Der Patriarch wollte daraufhin wissen: »Kennt ihr das orthodoxe Gebet der Kirche?«

Sie antworteten: »Wir sind ungebildet, und dieses Gebet ist zu lang; wir können es uns nicht merken.«

»Welches Gebet sprecht ihr denn dann?«

Sie schauten sich wieder gegenseitig an. »Sag du es ihm«, meinte einer von ihnen. »Nein, sag du es«, sagte ein anderer. Sie waren sehr verlegen.

Doch der Patriarch wurde immer arroganter, als er sah, dass diese Männer vollkommene Einfaltspinsel waren: Sie kannten nicht einmal das Gebet. Wie konnten sie da Heilige sein? Also meinte er: »Irgendeiner von euch soll es mir sagen – sagt es einfach nur!«

Sie erwiderten: »Es ist uns sehr peinlich, denn wir haben unser eigenes Gebet erfunden, weil wir doch das von der Kirche autorisierte Gebet nicht kennen. Wir haben unser eigenes Gebet erfunden, und es ist sehr einfach. Wir bitten um Vergebung, dass wir nicht um Erlaubnis gefragt haben, es zu verwenden, doch es war uns so peinlich, dass wir es nicht gewagt haben, zu Euch zu kommen und zu fragen.«

Sie sagten: »Gott ist dreifaltig und wir sind ebenfalls drei, also haben wir uns ein Gebet ausgedacht, das folgendermaßen lautet: >Du bist drei und wir sind drei, erbarme dich unser.<

Das ist unser Gebet.« Da wurde der Patriarch wirklich zornig: »Das ist doch kein Gebet! So etwas habe ich ja noch nie gehört!« Dann begann er zu lachen.

Die armen Kerle sagten darauf zu ihm: »Dann bringt uns doch das richtige Gebet bei. Wir dachten immer, es sei vollkommen in Ordnung: Gott ist drei, und wir sind drei, und was braucht es mehr? Einfach nur sein Erbarmen.«

Der Patriarch rezitierte also das orthodoxe Gebet, das sehr lang war.

Als er beim Ende angekommen war, sagten sie: »Jetzt haben wir den Anfang wieder vergessen.«

Also sagte er den Anfang noch einmal auf.

Darauf sagten sie: »Nun haben wir den Schluss wieder vergessen.«

Da wurde der Patriarch langsam ärgerlich. Er meinte: »Was für Leute seid ihr nur? Könnt ihr euch nicht einmal ein einfaches Gebet merken?«

Sie antworteten: »Es ist so lang, und wir sind vollkommen ungebildet, und das sind so große Worte. Das können wir nicht, bitte habt einfach nur ein bisschen Geduld mit uns. Wenn Ihr es noch ein paarmal wiederholt, können wir es uns vielleicht merken.«

Also wiederholte er es noch dreimal. Dann sagten sie: »In Ordnung, wir werden es versuchen, aber vielleicht werden wir das Gebet nicht ganz hinbekommen, vielleicht werden einzelne Teile fehlen … aber wir werden es versuchen.«

Der arrogante Patriarch war sehr zufrieden, dass er diese drei Heiligen zur Räson gebracht hatte und den Mitgliedern seiner Gemeinde sagen konnte: »Das sind doch Idioten. Warum geht ihr zu denen? « Er ging also wieder zu seinem Boot und setzte ab.

Doch plötzlich bemerkte er, dass die drei Männer auf dem Wasser hinter seinem Boot her rannten und sich ihm näherten. Er traute kaum seinen Augen! Er rieb sich die Augen, doch inzwischen hatten sie das Boot erreicht und standen neben ihm auf dem Wasser. Sie sagten: »Wiederholt es nur noch einmal, wir haben es schon wieder vergessen.«

Doch angesichts dieser Situation – »diese Männer gehen auf dem Wasser, während ich mit dem Boot fahre« – kam dem Patriarchen die Einsicht, und er sagte: »Sprecht einfach weiter euer eigenes Gebet. Bemüht euch nicht, das aufzusagen, was ich euch gesagt habe. Vergebt mir, ich war zu arrogant. Eure Einfachheit, eure Unschuld ist euer Gebet. Geht einfach wieder zurück. Ihr braucht nichts weiter.«

Doch die drei Männer bestanden darauf: »Ihr seid von so weit her zu uns gekommen. Sagt es nur noch ein einziges Mal auf. Wahrscheinlich werden wir es wieder vergessen, aber nur noch ein einziges Mal, so dass wir versuchen können, uns daran zu erinnern.«

Worauf der Patriarch antwortete: »Ich habe dieses Gebet mein ganzes Leben lang aufgesagt und bin nicht erhört worden. Ihr dagegen geht auf dem Wasser, und das ist etwas, was wir sonst nur von den Wundern Jesu her kennen. Es ist das erste Mal, dass ich so etwas selbst gesehen habe. Geht also einfach wieder zurück. Euer Gebet ist vollkommen in Ordnung!«

Sie liefen Hand in Hand über das Wasser zurück und setzten sich wieder unter ihren Baum.

- Osho

aus: "Der Gott den es nicht gibt"