Massenpsychologie

 

 

Die Massen haben nur Kraft zur Zerstörung. Ihre Herrschaft bedeutet stets eine Stufe der Auflösung.

Gustave Le Bon

 

Ist das Gebäude einer Kultur morsch geworden, so führen die Massen seinen Zusammenbruch herbei.. Hier tritt ihre Hauptaufgabe zutage. Plötzlich wird die blinde Macht der Masse für einen Augenblick zur einzigen Philosophie der Geschichte.

 

Gustave Le Bon

 

Den Begriff der „psychologischen Masse“ zur Unterscheidung von einer beliebigen Menge an Menschen, von Gustave Le Bon, werde ich hier übernehmen.

 

Der einzelne Mensch..., in der Masse verändert er sich scheinbar. In der Masse zeigt er ein anderes Gesicht.

 

Scheinbar, weil die nun wirkenden unbewußten Kräfte schon immer – wenn auch nur latent – vorhanden waren. Es kann aber nichts ausbrechen, was nicht schon vorhanden ist.

 

Es läßt sich bereits bei persönlich bekannten Jugendlichen beobachten: So gut man im Einzelnen mit ihnen auskommen mag, in ihrem Zusammenschluß als „Gang“ darf man sich vor ihnen auch fürchten.

 

Eine Nation kann über viele Jahrzehnte im Wesentlichen friedliebend, religiös, anständig, nett und auch warmherzig sein. In einer Konfliktsituation mit der nationalen Nachbarschaft kommen (mitunter in nur wenigen Tagen!) Einstellungen und Äußerungen zutage, die man noch gestern nicht für möglich gehalten hätte. Jetzt ist man sogar bereit, über Leichen zu gehen.

Davon ist keine Nation ausgenommen! Auch die unsere nicht. Die jüngste Geschichte belegt unsere Anfälligkeit.

 

Der Geist der Menge verändert sich.

Le Bon spricht hier von der „Massenseele“.

 

Wer sich mal inmitten einer Demonstration oder Kundgebung befand, wird sich vielleicht an dieses Phänomen erinnern können.

 

Die Masse verlangt „Gleichklang“ oder „Gleichschaltung“. Hier wird nicht widersprochen. In der Masse herrscht Einigkeit. Wer nicht auf gleicher Wellenlänge mitschwingt, wer nicht in Resonanz mit der Frequenz der Masse ist, fliegt raus. Er wird sich derart unwohl fühlen, daß er umgehend den kürzesten Weg nach Draußen sucht.

 

Umgekehrt: Wer sich in dieser Masse am richtigen Platz wähnt, empfindet eine enorme Zunahme an „eigener“ Kraft und Stärke. Es ist ein berauschendes Gefühl, Teil der Masse zu sein.

 

Die Eigenschaften oder Wesenheiten verändern sich in der Masse. Das Einzelwesen unterwirft freiwillig und sogar gerne seine (Einzel-) Interessen denen des Massenwesens.

 

Die Unbewußtheit der Masse ist immer größer

als die Unbewußtheit des einzelnen Menschen.

 

Und diese Unbewußtheit schaltet sich gleich oder wird (noch leichter) mittels einer Identifikationsfigur gleichgerichtet. Die Kraft einer gleichgerichteten Gruppe oder Masse ist größer als die der Summe ihrer Elemente.

 

Mit dem Geist ist es genau umgekehrt: Die Masse ist weit dümmer als der einzelne Mensch dieser Masse.

 

Die Masse und Weisheit

haben keine Verbindung. 

 Propaganda

 

 

 

 

Schwarm-Intelligenz ?

 

 

Ja, es gibt sie, diese "Schwarm-Intelligenz". Aber beim Menschen kann sie nicht besonders hoch sein. Hier wirkt sie sich eher destruktiv aus, zumindest vorzugsweise kontraproduktiv.

 

Ist man an der Teilnahme der intelligenten Einzelwesen an der politischen Gestaltung (echte Bürgerbeteiligung) nicht interessiert, gibt man der Masse die Möglichkeit, sich über Volks-Abstimmung und turnusmäßiger Wahl „ihrer“ Abgeordneten die Illusion, mit entscheiden zu dürfen. Das sind die Brocken, an dem die Massen ihren Unmut abreagieren dürfen.

 

Damit sind Intelligenz und Weisheit... weit abgeschlagen.  

 

 

Volksabstimmung

Propaganda

 

 

 

 

Psychologie... der Massen

 

 

Je größer die Gruppe, desto größer – auf Grund der Identifizierung – auch das Gefühl der Sicherheit in ihrem Inneren und reziprok das Gefühl der Stärke nach außen.

 

Das, was sich in der kleineren Gruppe als Phänomen Familie zeigt und in der etwas größeren als Sippe, zeigt sich im Verbund mehrerer Sippen als Clan...

 

Ausdrucksformen noch größerer Gruppen kennen wir u.a. im Nationalstolz und als Chauvinismus...

 

 

 

 

Nationalstolz

 

 

Der Patriotismus ... repräsentiert einen kollektiven Beharrungsinstinkt, der sich im Falle nationaler Gefahr an die Stelle des individuellen Erhaltungsinstinktes setzt.

– Gustave Le Bon

 

Je unreifer die Gruppe, desto lauter muß der Anführer brüllen, desto härter muß er auf den Tisch kloppen. Er muß Unberechenbarkeit demonstrieren. Denn er braucht Ansehen, er muß gesehen und erkannt sein, er muß seinen Leuten bekannt (vertraut) sein. Die Masse vertraut nur dem Starken, also muß er Härte zeigen, um somit Stärke zu beweisen.

 

Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, daß der „Herrscher“ mit diesen Gesten identifiziert ist und sein Ego davon abhängt. Es kann ebenso vorkommen, daß solch ein Mann großen inneren Abstand zu den Stärke-Ritualen hat, sie aber deshalb durchführt, um sich die nötige Macht zu verschaffen, die er braucht, um sein Land und seine Bevölkerung so führen zu können..., daß es aufblühen kann. Vergleichbar dem Verantwortungsbewußtsein des autoritären Vorstands einer großen Familie.

 

In diesem Fall sind die Menschen stolz auf ihren Führer, stolz auf ihr (Vater-)Land, auf die Nation und über die Identifizierung schließlich auch stolz auf sich selbst. Das kollektive Unbewußte ist zufriedengestellt.

 

Der Grad an Nationalstolz, bzw. seine Wichtigkeit ist

ein Hinweis auf die Reife oder Unreife eines Kollektivs.

 

In halb-erwachsenen Gesellschaften (Demokratien) werden solche Art Rituale über die Prozedur von Parlaments-Wahlen ausgeführt. Das kollektive Unbewußte ist dennoch auch hier präsent. Passende Signale können es jeder Zeit und sehr schnell... aktivieren.

 

Die Propaganda bedient sich solcher Signale.

 

Will jemand (oder eine Gruppe) etwas "Großes" durchführen, zum Beispiel einen Krieg, muß er dem kollektiven Unbewußten nur einen Angriff von Außen suggerieren. Auf diese Weise bekommt er in kürzester Zeit die gewünschte Unterstützung nahezu des ganzen Landes.

 

Die Stärke der Patrioten beruht in ihrer Einigkeit.“

 

– Napoleon I. Bonaparte

 

Diese Einigkeit (Gleichschaltung) ist dann erforderlich, wenn sich jemand für die Schlacht aufstellen will. Dazu wird das primitive kollektive Unbewußte in kompakter Form gebraucht.

 

 

 

 

Patriotismus

 

 

In Deutschland wählte der Patriotismus die aggressive Form. Die Liebe zum Heimischen kleidete sich in den Haß gegen Fremdes.

 

– Walther Rathenau

 

Diese Aggressivität des Patriotismus ist kein speziell deutsches und auch kein rein geschichtliches Phänomen. Und eine Liebe, die den Haß auf andere Menschen als Möglichkeit enthält, ist keine Liebe, sondern eine dumme und sehr gefährliche... Sentimentalität.

 

Gefühlsduselei

ist nicht Liebe!

 

Vom Heimat-Gefühl über den Patriotismus (Vaterlandsliebe) zum Chauvinismus bedeutet: Das Eigene gilt mehr als das Andere. Und das geht in letzter Konsequenz schließlich so weit, daß der Andere diffamiert und für das Eigene verletzt und zerstört, also vernichtet werden darf (Krieg).

 

Im Spiegel der Geistigen Reife gesehen, handelt es sich beim archaischen Gebaren des Patriotismus um die Reife des Kleinkindes (2).

 

Je schlechter Land desto bessere Patrioten.“

 

– Johann Wolfgang von Goethe

 

Patriotismus ist NICHT identisch mit der Empfehlung:

 

"Liebe deinen Nächsten wie dich selbst."

Jesus von Nazareth

 

Denn mit der Umsetzung dieser Empfehlung befinden wir uns bereits auf den Reife-Ebenen (4) bis (7).

 

Es gibt keine patriotische Kunst und keine patriotische Wissenschaft. Beide gehören, wie alles hohe Gute, der ganzen Welt an.“ 

Johann Wolfgang von Goethe

 

Der Patriotismus ist nichts Großes, nichts Gutes, also nichts Edles – im Gegenteil. Aber er geriert sich als etwas Großes in geistigen Kinderschuhen.

 

Patriotismus: leicht entflammbarer Müll, gebrauchsfertig für die Fackel jedes Ehrgeizigen, der seinen Namen leuchten lassen will.“

 

– Ambrose Gwinnett Bierce

Patriotismus ist

eine Albernheit.

 

Eine potenziell sehr gefährliche (!) Albernheit.

 

Die

letzte

Zuflucht

des Schuftes...

ist der Patriotismus.

Samuel Johnson

 

Denn selbst auf den untersten Stufen der Geistigen Reife ist man im Patriotismus... mit Jedermann auf Augenhöhe.

 

Jeder erbärmliche Tropf, der nichts in der Welt hat, darauf er stolz sein könnte, ergreift das letzte Mittel, auf die Nation, der er gerade angehört, stolz zu sein: hieran erholt er sich und ist nun dankbarlich bereit alle Fehler und Torheiten, die ihr eigen sind, mit Händen und Füßen zu verteidigen.“

– Arthur Schopenhauer

 

Es geht nicht um eine Diffamierung der sich als Patriot Verstehenden, sondern darum, das Phänomen "Kollektives Unbewußtes" näher zu betrachten, um konkrete gesellschaftliche Ausschläge und die Aussagen oder Handlungen Einzelner in den ersten Rängen der Politik... verstehen und einordnen zu können.

 

 

 

 

Fremdeln

 

 

Die Kanacken kommen...“ 

 

Das Fremde... setzt 

Befürchtungen frei.

 

Wenn fremde Menschen kommen, gibt es andere Menschen, die nicht wollen, daß diese „Fremden“ kommen. Sie wollen lieber unter sich bleiben, im Vertrauten, Gewohnten, mit dem sie sich identifiziert und wo sie sich arrangiert haben.  

 

Mögen wir diese Menschen? Oder mögen wir sie erst dann, wenn sie so sprechen, wie wir es wollen? Wenn aber nicht einmal wir selber in der Lage sind, diese Menschen, die wir bekehren wollen, zu mögen, wieso erwarten wir denn dann von ihnen, daß sie zu mehr in der Lage sein sollen, als wir selbst imstande sind, nämlich daß sie gefälligst die Fremden mögen, die sie aber...  nicht mögen?

 

Wir können Menschen mögen, aber

wir können sie nicht... über-reden.

 

Die Alternative zu Sprech-Chören sind nicht die  

G e g e n - Sprech-Chöre, sondern ist Verstehen.

 

Durch Verstehen geschieht Akzeptanz, so geschieht Zuneigung. Und so ändert sich die Aura, das Energiefeld, die Schwingung, die Atmosphäre, das Klima.

 

Kriegs- oder Gewalt-Atmosphäre lösen wir nicht auf durch eine GEGEN-Einstellung, sondern mit einer zuversichtlichen Bereitschaft zum MITeinander.

 

Zwar sind es Einzelne, die tatsächlich den Brand legen, aber die Brandstifter sind letztlich wir, ist das Kollektiv derjenigen, die das Klima dafür bereiten und das... sind wir alle. Es ist das Denken Vieler, es ist die kollektive Atmosphäre, die letztlich zum Brand führt.

 

 

Der Umstieg

 

Jede einzelne gereichte Tasse Tee...

verändert das frostige Klima in Richtung Milde.

 

Ein paar überreichte selbstgestrickte Socken zeigen mehr Wirkung im Schmelzen von Hass, als 100 Gegenreden per Megaphon.

  

Nun brauchen wir aber nicht gleich allesamt loszurennen, um irgendwo Tee zu verteilen. 🙂 Ein guter Anfang ist allein dadurch gemacht, wenn wir uns nur vorstellen können, einem „neuen Nazi“ in die Augen zu blicken und ihm eine Tasse heißen Tee zu reichen.

 

Allein das...

verändert alles.

 

"Die Kanacken kommen..."   

Kanacke = von hawaiisch `kanaka´= Mensch.

 

 

 

 

Verachtung  oder  Lösung

 

 

Das Folgende betrifft unseren Umgang mit Individuen und Gruppen von Menschen, die wir in ihrem Ausdruck ablehnen und gerne... samt & sonders verstoßen würden.

Ein die Heilung unterstützendes Medikament kann nicht entwickelt und verabreicht werden, so lange die Wunde nicht verstanden wurde.

 

Das bedeutet... 

  1. Zuallererst muß die Psychologie, muß die emotionale Befindlichkeit der „problematischen“ Gruppe bis in ihren Grund verstanden werden.

  2. Dazu bedarf es unabdingbar der grundsätzlichen Bereitschaft unsererseits, diese auch tatsächlich verstehen zu wollen! Denn Ablehnung oder gar Hass bewirken kein Verstehen.

  3. Des Weiteren muß die entsprechende Gruppe in ihrer „Besonderheit“ akzeptiert und (liebevoll) angenommen werden.

 

Das nun Folgende ist dann schon nicht mehr besonders schwierig, denn...  Das Hauptproblem haben wir mit uns selbst.

 

"Diese Leute“ zeigen uns unsere eigenen Anteile, die wir bis dato erfolgreich in das Unterbewußte abgedrängt hatten. Sie zeigen uns Verdrängtes, das wir nicht als Teil unserer „Persönlichkeit“ erkennen und deshalb auch nicht anerkennen und folglich nicht akzeptieren, nicht annehmen können. Lieber konstruieren wir Feindbilder, denn dann brauchen wir uns mit unseren eigenen Schattenbereichen nicht weiter zu beschäftigen.

 

Diese unbewußte Verdrängungstechnik beherrschen alle Individuen aller Schichten, also auch die sogenannten Intellektuellen oder „Gebildeten“.

 

Projektions-Objekte können zum Beispiel „Ausländer“ sein, aber auch die Gegner der Ausländer (afd, pegida, neonazis...) und auch die Gegner der Gegner der Ausländer...

 

 

Ausnahmen

 

Um nicht in den Freund-Feind-Modus zu rutschen, muß man schon recht ausgeschlafen sein. Diese Form des Ausgeschlafenseins nennen wir auch Bewußtheit. Sie korreliert mit einem hohen Grad an Geistiger Reife.

 

 

Lösungsmöglichkeiten

 

Ein sich im Ausdruck (in Tätigkeiten) Entfaltenlassen der uns allen innewohnenden Liebes-Energie kann sehr hilfreich sein, bei der Förderung der Geistigen Reife und damit des Verstehens und letztlich also auch bei der Lösung der ursprünglichen Probleme.

 

Wer sich zum Beispiel entschließt, irgendwo und irgendwie helfend tätig zu werden, wird die Veränderung, das langsame, aber stetige Schmelzen von Verhärtungen unmittelbar an sich selbst beobachten können. 

 

Zuversicht

Geistige Reife

Psychologie der Gewalt

 

 

 

 *) „Psychologie der Massen“ von Gustave Le Bon