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Anpassung 

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"Unter den Menschen gibt es viel mehr Kopien als Originale."

 

– Pablo Picasso

 

Nur wenn wir sehr bewußt, wenn wir sehr aufmerksam sind, können wir an uns selbst und anderen Menschen dieses Phänomen beobachten:

 

Im kollektiven Unbewußten – dem sich niemand entziehen kann, das also uns alle betrifft – steckt das starke archaisches Bedürfnis nach Anpassung.

 

Anpassung regelt 

die Zugehörigkeit.

 

Zugehörig, Außenseiter („schwarzes Schaf“) oder gar ausgestoßen zu sein, entscheidet – unserer Psyche nach – über Leben oder Tod.

 

Eines ihrer über-lebens-wichtigen Grundbedürfnisse ist es deshalb, im Rahmen der jeweiligen Gruppe möglichst unauffällig zu sein und zu bleiben.

 

In der Öffentlichkeit halten wir unsere Kleidung und alle anderen Gesten unter strengster Kontrolle. Wir bemerken es nicht mal, aber die Wichtigkeit, unsere größte Aufmerksamkeit widmen wir  in Bezug auf unsere menschliche Umgebung – der  Unauffälligkeit. 

Bildquelle: http://little-zensations.tumblr.com
Bildquelle: http://little-zensations.tumblr.com

  

"Es allen Recht machen zu wollen" ...oder zu glauben, es allen Recht machen zu müssen, berührt ein weit verbreitetes Phänomen, nämlich das...

 

Bedürfnis nach 

anerkannter Zugehörigkeit.   

 

Aus diesem folgt das Bedürfnis nach Anpassung.

 

In einem unbewußten Umfeld dient es dem Überleben des „Rudels“. Das Anpassungsbedürfnis verliert seine Stärke erst durch entweder eine erhöhte Energie des Individuums, oder durch Bewußtheit.

 

In der Entwicklung unserer Geistigen Reife bleiben wir oft viel zu lange in der Falle der Anpassung stecken.

 

Es ist... die uns lähmende

Angst vor der Freiheit.

 

Wer sich dieser Angst aber nicht stellt, also den Rebellen (3) in sich nicht zum Zuge kommen lassen kann, wird zeitlebens in dieser Falle, „es allen Recht machen zu wollen“, stecken bleiben.

 

Damit halten wir uns klein und beschneiden uns selbst in unseren Möglichkeiten.

 

 

 

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Wohlverhalten

 

 

Die meisten Menschen bevorzugen innerhalb 

einer Gruppe - instinktiv - das Wohlverhalten.

 

Ausnahmen bilden Renitenz (3) auf der einen und Weisheit (6) auf der anderen Seite.

 

Wohlverhalten = ist die (zwar uneingeforderte, aber vorausgesetzte) Erfüllung erwarteten Verhaltens.

 

  

 

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Anpassung

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„Ich habe meine ganze Kindheit und halbe Jugend aber doch mehr oder weniger so getan, als ob es für mich das Leichteste und Selbstverständlichste auf der Welt sein würde, sozusagen das Natürliche, allen Erwartungen zu entsprechen. Vielleicht aus Schwäche, vielleicht aus Mitleid, aber ganz sicher, weil ich mir nicht zu helfen wusste.“

– Hannah Arendt

 

Hannah Arendt: „...als ob es für mich das Leichteste und Selbstverständlichste auf der Welt sein würde, sozusagen das Natürliche, allen Erwartungen zu entsprechen.“

 

Das geht nicht nur dir so, Hannah. Diesen "Mechanismus" kennen wir alle – die Einen mehr, die Anderen weniger genau. Und einige von uns haben ihn überhaupt noch nicht bemerkt. 🤗

 

Die Natur hat diesen genauso erfolgreich installiert, wie das Selbsterhaltungs-Verlangen oder den Geschlechts-Trieb. In einer weitgehend unbewußt lebenden Gesellschaft hat er eine wichtige Funktion: Er sorgt für einen möglichst reibungslosen Zusammenhalt.

 

Sein Name ist Anpassung und ihr Charakter schwankt individuell zwischen Neigung zur Anpassung und blanker Angst.

 

Anpassung kommt mit wenig Geistiger Reife zurecht. Sie braucht keine Weisheit und kaum Intelligenz, bloß ein wenig Cleverness.

 

Das ist der Grund, warum einerseits die stärkeren (robusteren) und andererseits die reiferen Menschen aus diesem Muster ausbrechen und ihr eigenes Ding machen müssen.

 

Und darum fühlst du dich – wenigstens in der Rückschau – mit deinem Verhalten unwohl. Du spürst, daß das Anpassungs-Verhalten so gar nichts Erhabenes an sich hat; im Gegenteil: Oftmals funktioniert es sogar unterhalb des Wertes der Würde.

 

Der Gehorsam (offen oder versteckt) ist das wichtigste (stärkste) Modul der Anpassung. Weniger dramatisch sind beispielsweise Tradition oder Etikette. Es ließen sich noch mehr Module anführen.

 

Stärke oder Schwäche von Gehorsam sind Anzeichen

der Höhe der Reife der Individuen einer Gesellschaft.

 

Viel Spaß beim Aufspüren von Mustern der Anpassung im eigenen Verhalten. 😲

 

Gehorsam

 

 

 

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Elemente der Anpassung

 

 

Die Anpassung hat zwei Seiten. Die eine Seite ist...  die Erwartung von Anpassung, die andere ist...  die Bereitschaft zur Anpassung. Diese beiden Elemente der Anpassung sind ein Zwillingspaar: Sie können nicht ohne einander.

 

A - Erwartung...   von Anpassung

B - Bereitschaft... zur Anpassung

 

Je stärker die Bereitschaft zur Anpassung gegeben ist, desto we-niger drastisch zeigt sich die erwartende Seite - und umgekehrt:

 

Bröckelt die Bereitschaft, oder bildet sich sogar Renitenz, wechselt die Erwartung zur Forderung und schließlich zur... Drohung.

 

  • Moral
  • Pflicht
  • Gehorsam
  •    Wohlverhalten
  •       Konvention
  •       Tradition
  •       Etikette

 

Eine hohe Bereitschaft zur Anpassung korreliert mit einem hohen Grad an Bedürftigkeit; sie kann sich in mehreren Facetten zeigen:

  • Zugehörigkeit
  • Beachtung
  • Anerkennung
  • Belohnung
  • Zuwendung
  • Frieden

 
Wem die Anpassung von großer Wichtigkeit ist, kann auf Freiheit, auf Souveränität, auf Authentizität und Würde gut verzichten.

 

Erst mit wachsender Reife formen sich Erkenntnis und Mut, die Voraussetzung für den Wandel zum auch geistig autonom handeln-den Menschen.

 

Geistige Reife

 

 

 

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Milgram-Experiment

  

   

Bezüglich der Bewertung des Milgram-Experiments ist viel von Gewissen die Rede. Der Begriff „Gewissen“ ist ein moralisches Konglomerat und disqualifiziert sich als wissenschaftlicher Begriff von selbst. 

 

Das Kriterium, das in der Analyse des Experiments jedoch schmerzlich fehlt, ist das der Geistigen Reife.

 

Solange wir diese hier außer Acht lassen, werden wir das Potenzial der Aussagen des Ergebnisses nicht wirklich verstehen können.

 

Gehorsam

Milgram-Experiment

 

  

 

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Sanfter Gehorsam

 

 

Teil der Anpassungsbereitschaft ist der sanfte Gehorsam, teils auch „vorauseilender Gehorsam“ genannt. Diese uns harmlos erscheinende Komponente ist bereits einer der Grund-Bausteine des Bösen.

 

Sanfter Gehorsam = ist die freiwillige Erfüllung einer formulierten oder vermuteten Erwartung.

 

Der sanfte Gehorsam entwickelt seine Funktionalität bereits über den Wunsch, daß sich alle Beteiligten gut fühlen mögen.

 

Eine Forderung nach Erfüllung von Erwartung muß hier noch gar nicht formuliert sein.

 

Dieser Friedenswunsch hat bereits eine derartige Wichtigkeit, daß erste Anzeichen von Unstimmigkeit („da stimmt was nicht“) nicht gesehen oder ignoriert und übergangen werden.

 

Weit wichtiger zu sein scheint, den „starken Mann“ oder die Gruppe

  • gut zu stimmen

  • nicht verprellen wollen

  • um des lieben Friedens willen

  • deren Freundlichkeit erhalten wollen

 

Das eigene Wohlbefinden wird nötigenfalls zugunsten des "allgemeinen Friedens“ zurück gestellt (siehe geschlagene Frauen / Frauenhäuser-Problematik).

 

Klare Fehlentscheidungen anderer werden „übersehen“ oder künstlich gerechtfertigt. Man beruft sich auf Konvention, auf Tradition, auf Pflicht, man findet sich ab und sieht weg.

 

 

 

 

Anpassung

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"Wie oft denkst du über die Fehler und Schwächen Anderer nach?"

 

...fragt  Stefanie Lehrter

 

Da mußte ich mich erst mal zurücklehnen und nachsehen. Es kommt wohl eher wenig bis gar nicht vor. "Fehler & Schwächen" ist mir scheint´s keine bedeutende Kategorie. Solches Denken ist mir (fast) fremd. Es sind eher die Besonderheiten, die mich bei bei anderen Menschen interessieren. Und die sind bunt verteilt.

 

Ich habe deinen Artikel nicht ganz gelesen (so viel Text ist nicht meins), habe aber den Verdacht, daß in ihm ein wichtiger Begriff unausgesprochen präsent ist: Anpassung.

 

Und die Befürchtungen, von denen du sprichst, scheinen mir viel mit ihm zu tun zu haben, denn ohne Anpassung können nur sehr wenige Menschen in Gemeinschaft leben. Diogenes ist da vielleicht eine Ausnahme.

 

Die vielen kleinen Details von eigener Anpassung sind uns gar nicht bewußt. Sie sind für uns selbstverständlich und... alternativlos.

 

Einfaches Beispiel: Wie viele Menschen verlassen selbst bei wärmten Temperaturen nackt das Haus? Kaum jemand. Die Kleidung, selbst wie wir die Haare stecken oder legen und wie wir uns bewegen, spielen eine wichtige Rolle – ohne daß uns jede Nuance jeder unserer Präferenzen zu jeder Zeit bewußt ist.

 

Um einen ersten Eindruck davon zu bekommen, wie wichtig es uns ist, daß wir von den Anderen genau so gesehen (oder übersehen) werden, wie wir das wollen, können wir mal einen Tag lang alle unsere Entscheidungen bezüglich unserer Wirkung auf die Menschen, denen wir begegnen, haargenau beobachten. Viel Spaß dabei. 😎

 

 

 

 

 

Die Kunst zu gefallen,

ist die Kunst zu täuschen.

 

Vauvenargues

 

 

 

 

 

 

Strenger Gehorsam

 

  

Strenger Gehorsam = ist die (scheinbar freiwillige) Erfüllung einer formulierten oder vermuteten Erwartung unter dem Druck versteckter oder offener Androhung unangenehmer Maßnahmen. 

 

  

 

 

Spießer

 

  

 

 

Pedantisches Beharren ist 

 der Kobold kleiner Geister.

 

Ralf Waldo Emerson –

 

 

 

Der Spießer = ist ein Mensch, der die Anpassung der Freiheit vorzieht. Er ist jemand, der Spontaneität und Wahrhaftigkeit gegen die vermeintlichen Erwartungen seiner unmittelbaren und erweiterten Umgebung eintauscht, der seine Authentizität der Bequemlichkeit opfert und seine Wertmaßstäbe (deren Urgrund er sich seltenst bewußt ist)... bis dato nicht in Frage stellt und blind nahezu jeder Ordnung huldigt.

 

  Bewußtsein

 

 

 

 

Anpassungsbereitschaft

 

 

Dort wo wir uns zugehörig fühlen oder zugehörig fühlen möchten, sind wir bereit, einen sehr hohen Preis an Anpassungsleistung zu zahlen. Hier sind wir bereit, sehr weit zu gehen.

 

Wir unterscheiden lockere Formen 

und strenge Formen der Anpassung.

 

Das sogenannte „Böse“ ist (auch im Kollektiven) oft lediglich eine Auswirkung banaler Anpassung.

 

Die meisten Menschen möchten nicht anders gesehen werden, als sie selbst möchten, daß sie gesehen werden. Sie möchten ein bestimmtes Bild von sich geben. 

Sie möchten nicht auffallen, sich nicht abheben, also möglichst nicht erkannt werden als der, wer sie wirklich sind. Sie wollen kein "schwarzes Schaf" abgeben. 

Deshalb... so viel Mittelmaß.

 

Denn es braucht Mut... auszusteigen, sich abzuheben oder eigen-ständig dazustehen. Darum verabschieden sich so wenige von der Moral oder sind sich wenigstens ihrer Wirkung bewußt und halten einigen Abstand zu ihr: Es bedeutet uns soo viel, dazu zugehören!

 

Wir haben große Angst vor der Möglichkeit, „in die Wüste geschickt“ zu werden. Denn das bedeutet in unserer unbewußten angstbesetzten Vorstellung: Hunger, Durst, Verletzungen, Tod. 

 

Also befürchten wir Trennung, Scheidung, Exkommunikation, Rausschmiß – falls wir uns den vermeintlichen Erwartungen nicht angepaßt benehmen sollten. Und manchmal drohen sogar den Körper verletzende oder lebensbeendende Maßnahmen (Folter, Hinrichtung).

 

Die Angst vor Ausschluß ist also groß. Deshalb pflegen wir das Duckmäusertum, den Gehorsam, bis hin zum Kadavergehorsam. Wir entwickeln kein Rückgrat, kein Stehvermögen, keinen Draht zur Wahrhaftigkeit.

 

Druck zur Anpassung kommt eher selten

von Außen; meist geben wir ihn uns selbst. 

 

Wir halten Anpassung unbewußt für etwas Gutes, das Mitmachen für etwas Selbstverständliches, hingegen Nein-sagen, Widerstand, Querulantentum, Rebellion, also den Widerspruchsgeist – in all seinen Facetten  für etwas Schlechtes.

 

Er wird als etwas für die Gemeinschaft Bedrohliches angesehen. Deshalb können wir einen solchen – auch uns selbst gegenüber – nur ganz schlecht verzeihen.

 

Eine „Erziehung“ zum Widerspruch findet nicht statt, jedenfalls nicht in größerem Rahmen.

Sie entspricht nicht der Konditionierung des „kleinen Mannes“. Die Konditionierung des „großen Mannes“ ist eine ganz andere.

 

  • Der eine befiehlt.
  • Der andere gehorcht.

 

Entsprechend unserer Konditionierung fügen wir 

uns entweder in die eine oder in die andere Rolle.

 

 

 

 

Schleichende . . .    Anpassung

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Mit dem ersten Glied ist die Kette geschmiedet. Wenn die erste Rede zensiert, der erste Gedanke verboten, die erste Freiheit verweigert wird, dann sind wir alle unwiderruflich gefesselt.

– Jeri Taylor  (Erik Satie) * 

 

"Das Zitat erinnert mich daran, dass ich Eheleute oder Heiratswillige oft frage, ob sie sich darüber im Klaren sind, dass der Ehering nichts anderes ist, als ein Glied in einer Kette und dass das Tragen eines Ringes den anderen signalisieren soll, dass man bereits gebunden ist. Krass ausgedrückt: Der Träger des Rings ist bereits angekettet. Interessant finde ich, dass auch die anderen im Zitat erwähnten Einschränkungen auf das Eheleben übertragbar sind: Man kann seinem Partner nicht alles sagen, es ist verboten an Fremdgehen zu denken und auch ist die Freiheit genommen, alles zu tun, wonach man Lust hat, weil man immer Rücksicht auf den anderen nehmen und Kompromisse eingehen muss. In diesem Sinne sind alle Eheleute unwiderruflich aneinander gefesselt. Wobei unsere moderne Kultur der früher üblichen Unwiderruflichkeit "bis dass der Tod uns scheidet" etwas entgegen gesetzt und einen Ausweg geschaffen hat, nämlich die Möglichkeit zur Scheidung, damit man den Ring wieder ablegen und die uneingeschränkte Freiheit wiedererlangen kann."  (S. S.)

 

Das Ordnungs-Konstrukt Ehe...

spiegelt die Thematik der Inneren Unfreiheit.

 

Eigentlich sind wir Menschen frei und wir könnten die Freiheit feiern. Aber immer wieder lassen wir uns Konstrukte einfallen, mit denen wir uns selber in Ketten legen, oder etwas weniger dramatisch ausgedrückt ...mit vielen feinen, nahezu unsichtbaren Fäden binden.

 

Die Ehe ist  e i n  solches Konstrukt.

 

Gleichzeitig sprichst du die Bereitwilligkeit zur Anpassung an. Das Phänomen Anpassung ist die Maschine, mit der wir die dünnen Fäden zur Bindung unserer Freiheit produzieren.

 

Hinzu kommt die Unbewußtheit.

 

Mit „Hilfe“ der Unbewußtheit sorgen wir dafür, daß wir die vielen kleinen Unfreiheiten nicht sofort als  u n s e r  Werk der Anpassung ausmachen können.

 

Der römische Dichter Ovid hat vor 2000 Jahren vor der Gefahr der schleichenden Unfreiheit durch Anpassung mal so gewarnt:

 

Principiis obsta: sero medicina paratur

cum mala per longas convaluere moras.

 

 

 

Wehre den Anfängen, denn spät findet sich ein Gegenmittel,

wenn das Unheil durch langes Zögern Kräfte gewonnen hat.

 

Ovid –

 

 

   

*) Das Zitat stammt wohl nicht wirklich vom Komponisten Erik Satie, sondern entstammt dem fiktiven Charakter "Aaron Satie", dessen Name in der Serie "Star Trek: The Next Generation" Erwähnung findet. Also ist das Zitat der Drehbuchautorin Jeri Taylor zuzuschreiben.