Magischer Einklang 

 

 

Der Lehrer hebt den Level der Reife an. Er geht nicht runter auf die Reife-Ebene der Schüler, sondern behält seinen Level die ganze Zeit über bei (5). Anschließend in der Pause gehen die Schüler wieder auf den ihrem Alter entsprechenden, den kindlichen Level zurück (2) und entspannen dort.

 

Es macht den Lehrer aus, daß er seinen Level und den der Schüler anhebt über Aufmerksamkeit, Konzentration... und sich nicht auf den Level der Masse herunter ziehen läßt. Der Lehrer arbeitet so ähnlich wie ein Dirigent.

 

Der Dirigent versucht mittels seiner sensitiven Fähigkeiten, auf indirektem Wege einen Raum der Harmonie, den des Einklangs, also einen "höheren" Raum zu erschließen. Er „macht“ das aber nicht. Das sieht bloß so aus, weil er auffällig theatralisch gestikuliert. Aber... wir haben dieses Phänomen nicht in der Hand! Ein paar Leute kennen lediglich den Schlüssel. Irgendwann ist er dann zufrieden, der Dirigent, die Vorarbeit ist getan, sie hat zur Aufführungsreife geführt. Im konzertanten Zusammenspiel aller Beteiligten tut sich nun ein neues Feld des Erlebens auf, wovon jetzt selbst die unvorbereiteten Zuhörer, ohne daß sie es näher beschreiben könnten, ergriffen werden.

Jetzt entstehen diese erhebenden Momente in denen, wie es ein Dirigent sagte, „kein Fehler möglich ist“.

 

Ähnliches versucht auch ein Lehrer – die beiden sind ein bißchen verwandt.

 

Man kann es auch magisch nennen, was da geschieht. Wir haben keine Sprache dafür. Wir können es (uns) auch nicht erklären. Aber es ist für jeden unmittelbar wahrnehmbar. Das ist schließlich der Grund, warum so viele Leute so gerne in bestimmte Konzerte und Opern gehen. Wenn jeder Musiker einfach nur für sich sein Instrument spielen würde, es wäre nicht ganz so interessant.

 

Das gilt ähnlich auch für das Lernen in den Schulen. Jeder kennt das, aber damit ist nicht gesagt, daß auch jeder „damals“ so aufmerksam war und die Phänomene beobachtet hat, auf die der Lehrer nicht ausdrücklich hingewiesen hatte und von denen dieser wohl auch nichts wußte. So wird sich kaum jemand daran erinnern.

 

Diese Momente geschehen in Konzerten und sind auch beim Chor-Singen gewünscht und sie passieren in Schulräumen und bei anderen intensiven Zusammenkünften gelegentlich spontan. Sie geschehen aber auch immer dann, wenn wir – als Einzelne – eine Erkenntnis gewinnen. Auch dann sind wir auf einer höheren Ebene eingetunt.

 

Im Konzert geschieht das gelegentlich sogar durchgehend. Aber schließlich hatten die Symphoniker zuvor – noch ohne Zuhörer – über viele Stunden geübt und geprobt.

 

Das ist im Unterricht etwas anders: Hier handelt es sich um eine permanente Übungssituation und diese Momente der Öffnung der Türen zu anderen Räumen, wie auch der zur Weisheit, gehen nur sporadisch auf.

 

Daß diese magischen Phänomene aber nicht nur auf Übung gründen, habe ich selbst - beispielsweise - auf der Nordseeinsel Norderney erlebt, als ich als 12-Jähriger für sechs Wochen mit anderen Jungs im „Haus Detmold“ zu Gast war:

 

Mein damaliger Freund und ich hatten, was das alltägliche lange Gehen am Wasser betraf, eine Sonderstellung. Denn die beiden Mentoren, die uns zu betreuen hatten, spielten Gitarre und Mundharmonika.

Nachdem sie herausgefunden hatten, daß wir beide Blockflöte spielten und diese auch dabei hatten, ich die C-Flöte, er seine lange C-Flöte (eine Oktave niedriger), waren wir ein Quartett, das den anderen allabendlich ein Gute-Nacht-Ständchen brachten. Dafür mußten wir die Stücke jeweils einüben.

Eines Tages, das Wetter war bescheiden und wir hatten keine Lust auf Sand, Wind, Wasser und Kälte, gaben wir an, üben zu müssen. Das funktionierte immer.

Bloß diesmal hatten wir auch keine Lust, zu üben. Wir machten allen möglichen Quatsch, hatten unseren Spaß, nur eine Flöte hatten wir nicht angefaßt. Für den Abend wurde uns ein wenig mulmig.

Dennoch stellten wir uns wie immer auf und spielten.

 

Wir beide waren völlig platt und die Mentoren... gerührt.

Nach meiner Erinnerung war dieses Konzert das schönste. Keine Ahnung, wer oder was gespielt hat, es war ohne jeden Fehler und einfach nur... wunderschön.

Anderntags gab es anerkennende Bemerkungen - sogar von den größten Rabauken.

Ich wußte, und mein temporärer Freund wußte es auch: Uns beiden gebührte kein Dank.

Wir hatten nichts gemacht, uns nur aufgestellt und damit unsere Bereitschaft bekundet, mehr nicht.

Dann wurden wir getragen. Alle vier.

 

Mit vielem (Unangenehmen) hatten wir gerechnet, aber das... war unvorstellbar. 

...mit dem Musiklehrer Herrn Probst
...mit dem Musiklehrer Herrn Probst

  

 

  

Viel öfter – als wir in der Lage sind zu bemerken – geschieht etwas, das über die Summe der Fähigkeiten aller Beteiligten hinaus geht.

 

 

 

 

Auch im Tanz können wir ihn manchmal erfahren, den... magischen Einklang.